1771 | Tafelklavier Zumpe & Buntebart, London
Daten
- Länge: 1465 mm
- Breite: 505 mm
- Korpushöhe inkl. Deckel: 185 mm (rechts vorne durch Lösung vom Unterboden 190 mm)
- Gesamthöhe: 785 mm
- Instrument steht auf zeitgenössischem Untergestell
- Untertasten 120 mm sichtbare Länge, Belag: Elfenbein
- Obertasten 73 mm Länge, Belag: Ebenholz
- Stichmaß 486 mm
- Umfang: F1G1 f3 = fünf Oktaven ohne Fis1 = 60 Tasten.
Mensur
- F1 = 1237 mm
- C = 1102 mm
- F = 977 mm
- c = 806 mm
- f = 708 mm
- c1 = 556 mm
- f1 = 441 mm
- c2 = 307 mm
- f2 = 230 mm
- c3 = 146 mm
- f3 = 103 mm
Mechanik: sehr einfache frühe englische Stoßmechanik ohne Auslösung („english single action“); kleine halbrunde Hammerköpfe mit einfacher Leder-Garnierung, zum Teil neu gedoppelt; Art der Dämpfung: Oberdämpfung, Einzelglieder
Indentifikation: In Tusche auf Vorsatzbrett: "Johannes Zumpe / et Buntebart } Londini Fecerunt 1771 / Princes Street Hanover Square", zudem einige florale Ranken; in Tusche auf Resonanzboden nahe Rückwand: "Mrs. Miggott"; auf Rückseite des Vorsatzbrettes eingeschlagen: "I / 26"; auf der Unterseite des Tastenhebels von f3 eingeschlagen: "26"; auf der rückwärtigen Kante des ca. 1 cm starken Deckels eingeschlagen: "I 26"; im Tastenstuhl unterhalb der höchsten Tasten im Diskant eingeschlagen: "26"; große Punze mittig von unten auf dem Instrumentenboden: "I". Tastenhebel hinten mit Tusche von "1" bis "60" durchgezählt. Bei diesen Angaben handelt es sich nicht um eine Serien-, sondern um eine Fertitungsnummer.
Veränderungen: drei Handzüge (links im Instrument, Beschreibung von vorne nach hinten): (1) Moderator (Pianozug; bei manchen Autoren auch „Lute“ oder „Harfenzug“ genannt; ein oberton- und dynamikdämpfender Filzstreifen wird in der Nähe des Stimmstockanhanges von unten an den Bezug gedrückt); (2) Dämpferaufhebung Diskant; (3) Dämpferaufhebung Bass (keine nachträgliche Modernisierung der Handzüge durch Umwandlung in Kniehebel oder Pedale); Teilungspunkt der Dämpfung: h c1
Bezug: durchgängig zweichörig, Messing umsponnen F1 bis H1, Messing blank B1 bis es, danach Stahl; alte Flachwirbel in Zweierreihen, rechtsstimmig, daneben dt. Tonbuchstaben.
Zustand: Instrument leicht verzogen (rechts vorne hatte sich Korpus von Unterboden gelöst); Resonanzboden nicht original; Name/Signierung auf abgesperrtem Teil mit Bleistift: Mlle. Miggott; originales Schloss fehlt; Garnierung des Moderators fehlt; Tastenhebel gereinigt, vielleicht seitdem ohne Nummerierung; Hammerleiste gereinigt (geschliffen) oder im 20. Jahrhundert ersetzt.
Kurzcharakteristik: Johannes Zumpe arbeitete von 1768 bis 1778 mit Gabriel Buntebart zusammen. Frühes fünfoktaviges Instrument (ohne Fis1) mit Handzügen, ohne Kniehebel und Pedale aus der Vorphase der Klavierbauindustrialisierung aus dem Zentrum des Klavierbaus, London. Korpus Tabasco-Mahagoni mit Ebenholz-Adern.
Mit Blick auf die historisierende Aufführungspraxis besonders beachtenswert ist die Tatsache, dass wie bei vielen weiteren Instrumenten dieser frühen Zeit die Dämpferaufhebung mittels Handzügen geschieht und damit keinesfalls taktweise, geschweige denn harmoniewechselweise zu betätigen gewesen ist (erst recht, wenn man berücksichtigt, dass aufgrund der Bass-/Diskantteilung jeweils zwei der drei Handzüge, zudem ergonomisch ungünstig extrem links im Instrument angeordnet, zu betätigen sind). Eine Spielanweisung wie diejenige zu Beginn des ersten Satzes von Beethovens Mondscheinsonate[1] ist unter diesem Aspekt neu zu bewerten. Dasselbe gilt für den Pianozug.
Provenienz: Erwerb 2001 aus der Sammlung Neupert II (Wolf-Dieter Neupert), Bamberg.
Literatur (Auswahl):
- Oscar Paul, Geschichte des Claviers, Leipzig 1868, S. 119.
- Edgar Brinsmead, The History of the Pianoforte, London 1889, S. 119f. u. S. 162.
- Alfred Dolge, Pianos and their makers, 1911, Reprint New York 1972, S. 46-48 u. 172.
- Oscar Bie, Das Klavier, Berlin 1921, S. 132;
- Pierce Piano Atlas, 8. Aufl. Termino/CA 1982, S. 53 u. S. 336.
- Margaret Cranmer, Art. Zumpe, Johannes, in: The New Grove Dictionary of Music and Musicians, 6. Aufl. 1985, Vol. 20, S. 715f.
- Martha Novak Clinkscale, Makers of the Piano 1700-1820, Oxford 1993, S. 329-334.
- David Crombie: Piano. Entwicklung, Design, Musiker. London: Balafon Books 1995, S. 18f.
- Arthur W. J. G. Ord-Hume: Art. Zumpe, Johann Christoph. in: Robert Palmieri (Hg.): Encyclopedia of the Piano, New York / London 1996, S. 451f.
- Anthony Baines, Art. Tafelklavier, in: ders., Lexikon der Musikinstrumente, Stuttgart und Kassel: Metzler und Bärenreiter 1996, S. 316f.
- Christoph Dohr: Acht Tafelklaviere der Sammlung Dohr. in: Schmuhl (Hg.), Geschichte und Bauweise des Tafelklaviers, Augsburg u. Michaelstein 2006, S. 389-406.
[1] “Si deve suonare delicatissimamente e senza sordini“