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Christoph Dohr

aktualisiert
Montag, 08.01.2024 8:58

I015

1790 (ca.) | Tafelklavier Christopher Ganer (London) o.Nr.

Signatur mit Tinte auf Vorstecker, umgeben von floralem Oval: "C. Ganer / Grand and Small Forte Piano Manufacturer / Broad Street Golden Square / London" (lt. Kenneth Mobbs [siehe Literatur] war diese Signierung "around 1790" in Gebrauch).

keine Nummerierung, keine Datierung[1]

Tafelklavier Christopher Ganer, London 1790, Gesamtansicht
Tafelklavier Christopher Ganer, London 1790, Aufsicht
Tafelklavier Christopher Ganer, London 1790, Detailansicht

 

Daten

  • Länge: 1580 mm
  • Breite: 545 mm
  • Korpushöhe: 215 mm
  • Gesamthöhe 780 mm
  • Instrument steht auf zeitgenössischem Untergestell mit angebauter Pedal-Mechanik
  • Untertasten  128 mm sichtbare Länge, Belag: Elfenbein (?)
  • Obertasten  80 mm Länge, Belag: Ebenholz
  • Stichmaß: 483 mm
  • Umfang: F1 – f3 = 5 Oktaven

Mensur

  • F1 = 1382 mm
  • C = 1170 mm
  • F = 1027 mm
  • c = 841 mm
  • f = 711 mm
  • c1 = 533 mm
  • f1 = 423 mm
  • c2 = 302 mm
  • f2  = 227 mm
  • c3 = 145 mm
  • f3 = 106 mm

Mechanik: sehr einfache frühe englische Stoßmechanik ohne Auslösung („english single action“); belederte Hämmerchen; Art der Dämpfung: Gliederdämpfung in Dämpferrechen, Dämpferglieder werden durch Schweineborsten abwärts gedrückt; rechtsstimmig; Wirbel in Viererreihen mit Ausnahme von F1;

Veränderungen: zwei Handzüge (ein Pedal): (1) Dämpferaufhebung; die Dämpferaufhebung ist zusätzlich durch ein Pedal zu betätigen[2], das evtl. nachträglich, aber nahe am Entstehungszeitpunkt des Instrumentes, hinzugefügt wurde[3]; (2) Laute

Bezug: durchgängig zweichörig

Zustand: bedingt spielbar

Kurzcharakteristik: Christoph[er] Ganer (Leipzig ca. 1760 bis London ca. 1811) gehörte mit Zumpe & Buntebart und Pohlmann (s.d.)zu den „Zwölf Aposteln“, die aus Sachsen und Thüringen nach England (London) auswanderten und dort die Klavierindustrie aufbauten. Instrument aus Zuckerkisten-Holz („duale“ Weiterverwendung der Bretter der mehr als sarggroßen Zuckerkisten, die nach dem Import aus Südamerika in Europa für Möbel u.a. weiterverwendet wurden).

Das Instrument steht baugeschichtlich unmittelbar eine Stufe nach demjenigen von Zumpe & Buntebart aus der Sammlung Dohr: Es ist ein Beleg dafür, wie durch kleine Modifikationen – hier die durch ein in den Instrumentenboden gebohrtes Loch mit entsprechender Hebelübertragung zum Pedal – ein Instrument den veränderten Erfordernissen beim Senza-Sordini-Spiel angepasst wurde. Es ist ein Beleg, wie ein „aus der Mode gekommenes“, aber Wert geschätztes Instrument den neuen Erfordernissen der Spielpraxis angepasst wurde.

Provenienz: Erwerb 2002 im Rahmen eines Konvolutes aus der Sammlung von Prof. Dr. Rullfs, Heppenheim

Literatur:

  • Martha Novak Clinkscale, Makers of the Piano 1700-1820, Oxford 1993, S. 113-116.
  • Pierce Piano Atlas, 8. Aufl. Termino/CA 1982, S. 109.
  • Margeret Cranmer, Art. Ganer, Christopher, in: The New Grove Dictionary of Music and Musicians, 6. Aufl. 1985, Vol. 7, S. 145
  • Kenneth Mobbs: Art. Ganer, Christopher. in: Robert Palmieri (Hg.): Encyclopedia of the Piano, New York / London 1996, S. 145.
  • Christoph Dohr, Die Wiederentdeckung eines verdrängten Instruments. in: Europiano 4/2002, S. 20-23; Nachdruck als: ders., Das Tafelklavier. Die Wiederentdeckung eines verdrängten Instruments. in: Instrumentenbaureport 34 (01/2003), S. 8f.
  • Gunther Joppig, Zuckerkistenholz ials Malgrund und Material für den Möbel- und Klavierbau, in: Schmuhl (Hg.), Geschichte und Bauweise des Tafelklaviers, Augsburg u. Michaelstein 2006, S. 305-324, hier S. 324.
  • Christoph Dohr: Acht Tafelklaviere der Sammlung Dohr. in: Schmuhl (Hg.), Geschichte und Bauweise des Tafelklaviers, Augsburg u. Michaelstein 2006, S. 389-406.

[1] Datierung nach: Margeret Cranmer, Art. Ganer, Christopher, in: The New Grove Dictionary of Music and Musicians, 6. Aufl. 1985, Vol. 7, S. 145; Datierung erfolgt aufgrund der Eingruppierung der Signierungen der Cranmer bekannten Instrumente von Christopher Ganer.

[2] Vgl. hierzu: Oscar Paul, Geschichte des Claviers, Leipzig 1868, S. 118: „Die Gebrüder Erard aus Strassburg, welche seit 1776 in Paris kleine Fortepianos bauten, führten 1784 das Pedal ein und verbannten die Registerzüge.“

[3] Cranmer, a.a.O., kennt kein Pedal bei einem Ganerschen Tafelklavier.